Rund 250 Hauseigentümer*innen in Bubenreuth (ca. 20 Prozent) haben sich im Rahmen der Energiekarawane für einen kostenlosen Gebäudecheck der Verbraucherzentrale angemeldet. Seit Ende Oktober 2019 werden diese von mehreren Energieberater*innen durchgeführt, gut die Hälfte ist nun geschafft.
Da die Berater*innen zusätzlich zu ihrer selbstständigen Beratertätigkeit als Honorarkraft für die Verbraucherzentrale und den VerbraucherService Bayern arbeiten und außerdem noch für weitere Energieberatungen im Landkreis Erlangen-Höchstadt gefragt sind, werden alle angemeldeten Eigentümer*innen hinsichtlich des „Zeitverzugs“ um Verständnis und um Geduld gebeten.
Für Klimaschutz braucht es meist mehr als einen Heizungstausch
Viele denken bei der Gebäudesanierung oder Klimaschutz zuerst an die Heizung und deren Tausch, da diese aufgrund der Lebensdauer in der Regel am häufigsten erneuert werden muss. Zur Energie- und Kosteneinsparung führt das aber nicht unbedingt, denn in einem unsanierten Gebäude – im nachfolgenden Beispiel ein Einfamilienhaus - geht auch bei einer effizienten Heizung (12 % Einsparung) weiterhin viel Wärme über die Außenwände (30 %), das Dach (21 %), die Fenster und Lüftung (je 12 %) sowie den Keller (11 %) verloren. Sind der hydraulische Abgleich und die Heizungseinstellung mangelhaft, wird bei einem Öl- oder Gaskessel im schlechtesten Fall noch nicht einmal der Brennwert genutzt.
Auch der Heizsystemwechsel ändert an den jährlichen Kosten meist wenig, außer dass die Nutzung von Sonnenenergie, Holz oder Umweltwärme mittels Wärmepumpe je nach System eine (etwas) bessere Ökobilanz aufweisen. Wird eine Luft-Wasser-Wärmepumpe in einem unsanierten Gebäude mit konventionellem Strom betrieben, sind die positiven Klimaschutzeffekte beim derzeitigen Strommix aber überschaubar.
Jährliche Ölverbrauche von 2.500 Liter sind keine Seltenheit und ziehen derzeit jährliche Brennstoffkosten (neben Kaminkehrer-, Wartungs- und Instandhaltungskosten) von etwa 1.500 Euro pro Jahr nach sich. Vor 20 Jahren – dies entspricht der technischen Lebensdauer eines Heizsystems – betrugen die jährlichen Kosten weniger als die Hälfte. Häufig überleben die Kesselanlagen jedoch 30 Jahre und mehr, sodass über diesen Zeitraum ohne Berücksichtigung der Ölpreissteigerung alleine 45.000 Euro für Brennstoff für die nächsten 30 Jahre aufgewendet werden müssen. Blickt man zurück in die Historie liegt man mit 90.000 Euro (über 30 Jahre) wohl näher an der Wahrheit. Spätestens hier leuchtet es ein, dass eine energetische Modernisierung der Gebäudehülle auch finanziell sinnvoll sein könnte.
Ganzheitlicher Gebäudecheck der Verbraucherzentrale als Einstiegsberatung
Beim Gebäudecheck werden sowohl im Strom- als auch im Wärmebereich zunächst der Ist-Zustand erfasst und auf Basis von Bezugsgrößen wie der beheizten Wohnfläche oder der Personenzahl im Haushalt eingestuft.
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Die Erfassung reicht von Anzahl, Anschlussleistung und Laufzeit der verschiedenen Elektrogeräte über typische „Stromfresser“ wie Klimageräte oder Gartenpumpen, den Stromtarif sowie Aufbau und Zustand der Gebäudehülle (Dach, Fenster, Außenwand, Kellerdeck), die Heizungsanlage bis hin zum Nutzerverhalten.
Auf dieser Grundlage lassen sich dann energetische und monetäre Einsparpotenziale ermitteln, wodurch effektive und wirtschaftliche Einspar- und Klimaschutzmaßnahmen sichtbar werden. Zudem gibt es erste Anhaltspunkte zu Investitionskosten, Höhe der Einsparung und Fördermöglichkeiten.
Umsetzung von Einzelmaßnahmen oder weiterführende Detailberatung mit individuellem Sanierungsfahrplan
Ein Patentrezept gibt es nicht, genauso wenig wie Pauschalaussagen zur Wirtschaftlichkeit verschiedener Sanierungsmaßnahmen möglich sind. Idealerweise können Effizienzmaßnahmen dann stattfinden, wenn ohnehin eine Instandsetzung erfolgen sollte, sodass die „Sowieso-Kosten“ entfallen. Beispielsweise ließe sich im Rahmen der Putz- und Fassadenerneuerung auch eine Außenwanddämmung integrieren.
Weiterhin zeigen Untersuchungen, dass von Energieberater*innen begleitete Sanierungen zu fast doppelt so hohen Einsparungen führen, als wenn etwa gleich der Handwerker beauftragt wird.
In der Regel gilt die Reihenfolge: Einsparung – Effizienz – Nutzung Erneuerbarer Energien.
Je nach Ausgangssituation kann z.B. ein Gebäude mit durchschnittlichem Wärmeverbrauch mit Einzelmaßnahmen (etwa einem Fenstertausch) oder mit geringinvestiven Maßnahmen wie der Dämmung der Kellerdecke oder der Nachjustierung und Dichtungserneuerung der Fenster und Türen optimiert werden und relativ einfach mit einem erneuerbar betriebenen Heizsystem klimafreundlich versorgt werden.
Bei energetisch sehr schlechten Gebäuden ist dagegen eine umfängliche Sanierung nicht nur energetisch, sondern mittelfristig auch monetär sinnvoll. Und dabei gilt: je höher der angepeilte Energiestandard desto höher die Einsparung, was durch hohe KfW-Effizienzhaus-Fördermöglichkeiten häufig noch wirtschaftlicher ist.
Bei der mit 80 Prozent geförderten Vor-Ort-Beratung der BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) wird in einem längeren Beratungsprozess mithilfe einer Gebäudesimulation die künftige energetische Situation in Abhängigkeit des anvisierten Energiestandards ermittelt und der Weg dorthin in einem Sanierungsfahrplan aufgezeigt. Durch die Gebäudemodernisierung wird aufgrund des deutlich niedrigeren Wärmebedarfs auch die Nutzung erneuerbarer Heizsysteme deutlich einfacher und kostengünstiger.
Wohnkomfort als nicht monetärer Vorteil einer Gebäudesanierung
Hinzu kommen die Verbesserung des Wohnkomforts, der Schutz der Bausubstanz sowie die Wertsteigerung der Immobilie, bei den derzeitigen Anlagemöglichkeiten nicht ganz irrelevant. Laut Umfragen möchten 97 Prozent der Effizienzhaus-Sanierer nicht mehr in einem unsanierten Gebäude leben und auch die Schimmelproblematik sank – entgegen vieler „Mythen“ – durch die Modernisierung der Gebäudehülle um 32 Prozentpunkte bei den befragten Gebäudeeigentümer*innen.
Von einer Gebäudesanierung profitieren gleich mehrere: die Bewohner, der Geldbeutel, die Nachhaltigkeit und das Klima!
Text: Simon Rebitzer, Klimaschutz Landratsamt Erlangen-Höchstadt