Beschluss: geändert beschlossen

Abstimmung: Ja: 14, Nein: 0

Beschluss:

 

Der Gemeinderat von Bubenreuth nimmt die von dem Planungsbüro „Projekt 4“ in Zusammenarbeit mit der Verwaltung ausgearbeiteten Vorentwürfe des Bebauungsplans „Rothweiher“ nach dem Stand vom 30.11.2011 sowie der im Parallelverfahren durchzuführenden 2. Änderung des Flächennutzungsplans nach dem Stand vom 08.06.2011 zur Kenntnis und beauftragt die Verwaltung, dazu eine Bürgerversammlung einzuberufen.


(Zu dem Tagesordnungspunkt ist Herr Diplom-Ingenieur Holger Winkler von dem Planungsbüro Projekt 4, Nürnberg, als Sachverständiger geladen und erschienen.)

 

Sachverhalt:

 

Am 02.11.2010 hat der Gemeinderat beschlossen, für das sich nördlich und östlich an die Vogelsiedlung anschließende und westlich bzw. südlich der Rothweiher gelegene ca. 8,4 ha große Gebiet den gleichnamigen Bebauungsplan aufzustellen und dazu im Parallelverfahren auch den Flächennutzungsplan zu ändern. Die gleichzeitige Änderung des Flächennutzungsplans ist erforderlich, da von der Gesamtfläche des Gebiets lediglich ein Teilbereich von ca. 1,9 ha im Flächennutzungsplan als Wohnbaufläche (Allgemeines Wohngebiet – WA) dargestellt sind, die weitere Fläche (6,5 ha) dagegen als Flächen für die Landwirtschaft.

 

Auf der Grundlage eines aus dem Aufstellungsbeschluss vom 02.11.2010 entwickelten Vorkonzepts wurden in einem ersten Schritt diejenigen Träger öffentlicher Belange gehört, von denen umweltrelevante Informationen erwartet wurden („Scoping“). Deren Äußerungen sowie die Ergebnisse einer auf Veranlassung der Unteren Naturschutzbehörde (beim Landratsamt) angeregten „speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung“ (saP) liegen vor und sind in die nunmehr durch Beschluss anzunehmenden Vorentwürfe des Bebauungsplans bzw. der Änderung des Flächennutzungsplans eingeflossen.

 

Gehört wurden der Regionale Planungsverband Industrieregion Mittelfranken, die Regierung von Mittelfranken als Höhere Landesplanungsbehörde, das Landratsamt Erlangen-Höchstadt, dort das Bauamt, das Umweltamt einschließlich Immissionsschutz und Unterer Naturschutzbehörde sowie das Gesundheitsamt, das Wasserwirtschaftsamt, das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege einschließlich Bodendenkmalpflege, das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, das Amt für ländliche Entwicklung und der Bund Naturschutz, die Städte Erlangen und Baiersdorf sowie die Gemeinden Langensendelbach und Möhrendorf, ferner E.on, die Deutsche Bahn und die Deutsche Telekom.

 

Wesentliche Einwendungen wurden vom Regionalen Planungsverband, der Regierung von Mittelfranken und dem Landratsamt Erlangen-Höchstadt sowie vom Bund Naturschutz erhoben. Die Genannten weisen allesamt kritisch darauf hin, dass eine Ausweisung von Wohnbauflächen in größerem Umfang in einem Bereich des Gemeindegebiets erfolgt, das nach dem Flächennutzungsplan der landwirtschaftlichen Nutzung vorbehalten sein sollte und – was verschärfend hinzutritt – die im Flächen­nutzungsplan für die Erweiterung der Wohnbauflächen dargestellten Areale nicht in Anspruch genommen werden.

 

  1. So sieht die Regierung von Mittelfranken mit Blick auf die bisherige, tendenziell leicht sinkende Bevölkerungsentwicklung keinen Bedarf nach zusätzlichen Wohnbauflächen und damit eine Abweichung von dem in der Bauleitplanung zwingend einzuhaltenden landesplanerischen Ziel, dass der Flächen- und Ressourcenverbrauch in allen Landesteilen reduziert werden soll. Der Gemeinde Bubenreuth komme auch keine zentralörtliche Funktion zu und die bisher im Flächennutzungsplan schon vorhandenen noch ungenutzten Potentiale ermöglichten eine organische Siedlungsentwicklung. Eine „überorganische“ Siedlungsentwicklung berge das Risiko einer Überlastung der Infrastruktur, wenngleich Zugeständnisse zugelassen werden könnten, da Bubenreuth an der Siedlungsachse Nürnberg – Bamberg liege. Die Einwendungen könnten allerdings zurückgestellt werden, wenn anteilig zu den neuen Wohnbauflächen nicht oder mittel- bis langfristig nicht realisierbare Erweiterungspotentiale aus dem Flächennutzungsplan herausgenommen würden.

 

  1. Der Regionale Planungsverband, der sich die Stellungnahme des Regionsbeauftragten zu eigen macht, äußert sich in ähnlicher Weise wie die Regierung von Mittelfranken. Auch er empfiehlt, den Flächennutzungsplan um Flächen, die mittelfristig für eine Wohnbebauung nicht verfügbar sind, zu bereinigen. Wenn die große Fläche der „Posteläcker“ erst mit einem mittel- oder langfristig zu erwartenden Ausbau der Bahnstrecke den für eine Wohnbebauung erforderlichen Lärmschutz erhalten könne oder Eigentümerinteressen sich auf längere Sicht gegen die Ausweisung von Wohnbauland in Bubenreuth-Nord (Hirtenhausäcker und Fläche am Entlesbach) richteten, dann sollten diese Gebiete aus den Wohnbauflächen des Flächennutzungsplans herausgenommen werden, da dieser ja lediglich ein schlüssiges Planungskonzept für einen Zeitraum von maximal 15 bis 20 Jahre vorzeichne.

 

  1. Das Landratsamt fordert in seiner städtebaulich-planungsrechtlichen Würdigung, dass der über das im Flächennutzungsplan schon berücksichtigte nicht ausgeschöpfte Wohnbaulandpotential hinausgehende Bedarf nach zusätzlichem Bauland für das Gebiet „Rothweiher“ nachzuweisen sei.

 

  1. Der Bund Naturschutz mahnt darüber hinaus die Einführung eines kommunalen Flächenresourcen-Managements an, um einen vollständigen Überblick über innerörtliche Bau- und Flächenpotentiale zu erhalten.

 

Die unter den obigen Ziffern 1 bis 3 dargelegte Problematik wurde im Dezember 2011 eingehend mit der Regierung von Mittelfranken erörtert. Das Gespräch hat ergeben, dass das Gebiet „Posteläcker“, auch wenn es erst längerfristig realisiert werden könne, als Wohn- bzw. gemischte Baufläche (WA bzw. MI) im Flächennutzungsplan weiterhin dargestellt bleiben darf, um – insbesondere auch gegenüber der Deutschen Bahn – nicht den Eindruck zu erwecken, der städtebaulich nach wie vor wünschenswerte Lückenschluss zwischen dem alten Ort und der Geigenbauersiedlung werde auf unabsehbare Zeit aufgegeben. Auch das Gebiet „Hirtenhausäcker“ könne als die voraussehbar – nach dem Rothweihergebiet – nächste größere Siedlungsentwicklung im Flächennutzungsplan verbleiben, aber die Gemeinde habe den Nachweis entgegenstehender Eigentümerinteressen zu erbringen. In der Betrachtung mobilisierbarer Wohnbauflächen letztlich ohne Belang sind die nur 0,5 bis 1,0 ha messenden landwirtschaftlichen Flächen im Innerortsbereich (am Entlesbach und an der Waldstraße), die sich, wie das Beispiel „Krenacker“ zeigt, ohne große Anstrengung auffüllen lassen. Seitens der Gemeinde haben wir darauf hingewiesen, dass keine nennenswerten Möglichkeiten einer städtebaulich oder ortsplanerisch vertretbaren Nachverdichtung im bebauten Ortsbereich mehr bestehen und auch keine für eine Wohnbebauung geeigneten Gewerbe- oder sonstigen Brachen vorhanden sind. Die auch von der Regierung angemeldeten Zweifel an der Nachfrage konnten ausgeräumt werden. So haben wir darauf hingewiesen, dass die leicht rückläufige Einwohnerzahl ihre Ursache auch darin hat, dass aufgrund gerade des Baulandmangels keine Zuzugsmöglichkeiten bestehen bzw. sogar junge Familien den Ort verlassen, weil sie hier keine Möglichkeit haben, ihren Wohnraumbedarf zu decken. Der Bedarf manifestiere sich auch in den zahlreichen Anfragen nach Baugrundstücken, die die Verwaltung nahezu täglich erreichen.

 

Der vom Bund Naturschutz geforderte Aufbau eines Flächenmanagements ist geplant, aber auch andernorts noch nicht Standard. Dazu müssen u.a. eine Eigentümerbefragung und eine Verknüpfung mit Meldedaten erfolgen (letzteres, um über das Alter der jeweiligen Bewohner eines Grundstücks Kenntnis zu erhalten). Die Flächendatei kann deshalb nicht kurzfristig realisiert werden.

 

Das Landratsamt hat als Untere Naturschutzbehörde (UNB) im Scopingverfahren darauf hingewiesen, dass die Teichanlage der Rothweiher im Arten- und Biotopschutzpro­gramm als bedeutsam eingestuft sei und dort z.T. auch streng geschützte Arten vorkommen, die besonderen artenschutzrechtlichen Bestimmungen unterliegen. Die Artansprüche könnten – bezogen auf den Gesamtlebensraum – durch das geplante Baugebiet beeinträchtigt werden, so dass darüber eine „spezielle artenschutzrechtliche Prüfung“ (saP) erfolgen müsse. Sinngemäß hat sich auch der Bund Naturschutz so geäußert. Die saP wurde zwischenzeitlich durchgeführt und hat keine besonderen Konfliktpotentiale aufgezeigt, was auch daran liegt, dass das Vorhaben lediglich auf ausgeräumte Agrarflächen (landwirtschaftlich intensiv genutztes Grünland) zugreift. Der vorliegende Vorentwurf des Bebauungsplans wurde darüber hinaus in enger Abstimmung mit der UNB im Sinne des Natur- und Artenschutzes optimiert. So ist es gelungen, durchgehende biologisch wirksame Strukturen zu schaffen und Barrierewirkungen zu minimieren (durchgehender Grünzug am nördlichen Rand des Baugebiets, Eingrünung nach allen zur freien Flur hin offenen Seiten auf öffentlichen Flächen, wie es auch der Bund Naturschutz gefordert hat, Wiederherstellung des Rothweihergrabens in seiner ursprünglichen Lage).

 

Die von der UNB für erforderlich erachtete Fortschreibung des Landschaftsplans erfolgt für den Geltungsbereich des Bebauungsplans zusammen mit der (2.) Änderung des Flächennutzungsplans, im übrigen mit dessen weiterzuführender 1. Änderung. Die Bebauung hält einen ausreichenden Abstand zu den Weihern. Aufgrund der in den Plan eingearbeiteten Vermeidungsmaßnahmen bedarf der Bebauungsplan keiner externen Ausgleichsflächen.

 

Das Wasserwirtschaftsamt weist darauf hin, dass das Gebiet im Trennsystem zu entwässern ist und zusammen mit der Stadt Baiersdorf, dass das Hochwasserschutz-Konzept in der Planung zu berücksichtigen ist. Dem wird Rechnung getragen. Der Hochwasserschutz wird über die schon in Planung befindlichen Maßnahmen hinaus weiter verbessert, weil das unterhalb der Schutzdämme über die Hänge abfließende Wasser von dem neu herzustellenden Teil des Rothweihergrabens abgefangen und gesammelt abgeleitet wird, bevor es das bestehende bzw. das geplante Siedlungsgebiet  (Rothweihergebiet bzw. Vogelsiedlung) erreicht. Auswirkungen auf den Hochwasserabfluss im Bereich von Baiersdorf oder die dort geplanten Maßnahmen ergeben sich nicht.

 

Hinweise der Träger öffentlicher Belange, die sich nicht als Festsetzung in den Bebauungsplan übernehmen lassen, aber für die Bebauung des Gebiets relevant sein können, wurden nachrichtlich in den Bebauungsplan aufgenommen (Denkmalschutz zu Bodendenkmälern, Wasserwirtschaftsamt zu Grundwasser und Versickerung von Oberflächenwasser, Immissionsschutz zur Einhaltung der Richtwerte nach TA Lärm).

 

Im übrigen haben sich die schon genannten bzw. die weiteren Träger öffentlicher Belange nicht geäußert (Stadt Erlangen) bzw. mitgeteilt, dass sie ihre Belange nicht berührt sehen (Gemeinde Möhrendorf) oder sie haben keine bauplanungsrechtlich relevanten Einwände erhoben (Gemeinde Langensendelbach, Amt für Landwirtschaft und Forsten, Amt für ländliche Entwicklung, E.on, Deutsche Telekom).

 

Der vorliegende (Vor-)Entwurf des Bebauungsplans nach dem Stand vom 30.11.2011 berücksichtigt die bisherige Beschlusslage und fußt auf dem städtebaulichen Konzept der „Variante 2“, wie dies in der Sitzung am 12./13.04.2011 festgelegt wurde.

 

Herr Winkler vom Planungsbüro stellt den schon weitgehend ausgearbeiteten Entwurf des Plans dar und veranschaulicht anhand perspektivischer Darstellungen die Bebauung, wie sie mit den gewählten Festsetzungen realisiert werden könnte.

 

In der Aussprache moniert GRM Stumptner, dass die Ergebnisse des Scopingverfahrens, die der Verwaltung schon seit Anfang des Jahres 2011 der vorliegen, erst jetzt dem Gemeinderat zur Kenntnis gebracht werden, obwohl dies die SPD-Fraktion bereits im Juni 2011 ganz offiziell beantragt habe. Der Vorsitzende entgegnet, dass er – wie von der UNB gefordert – erst darüber Klarheit herbeiführen wollte, ob dem Gebiet Belange des Artenschutzes entgegenstehen, da in einem solchen Fall die Planung scheitern könne. Die dazu erstellte saP liegt der Gemeinde seit Dezember 2011 vor.

 

Der Vorsitzende erklärt, dass er die Vorentwürfe des Bebauungsplans und der Änderung des Flächennutzungsplans in einer Bürgerversammlung im März der Öffentlichkeit vorstellen werde.

 

Nach eingehender weiterer Beratung beschließt der Gemeinderat wie folgt:


Anwesend:

16

/ mit

14

gegen

2

Stimmen

(GRM Schäfer und GRM Schmucker-Knoll sind bei der Abstimmung nicht im Sitzungssaal anwesend.)